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am Eingang des Polizeigeländes

 

Von hier aus ist die Mittelachse, die zufälligerweise jetzt eine Straße ist, bis zur ehemaligen Kantine zu sehen. Diese beiden Gebäude hier waren damals der Eingang zum Truppengelände.

 

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Die Straße markiert heute zufälligerweise die imaginäre Mittelachse. Hinter dem Eingang befand sich der Appellplatz für die SS-Mitglieder, am Ende (durch den heutigen Baumbewuchs nicht erkennbar) befindet sich die ehemalige Gemeinschaftshalle.

 

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Diese Mittelachse wird von der weißen Linie dargestellt, der Eingangsbereich wird durch den gelben kleineren Kreis unten rechts markiert. Die Gemeinschaftshalle befindet sich am anderen Ende der Mittelachse (gelber Kreis oben links).

Links und rechts von hier befinden sich die Siedlungshäuser für die SS-Angehörigen in Offiziersrängen (sg. "Führerhäuser").

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Links und rechts neben den beiden Eingangsgebäuden setzt sich an der heutigen Bernauer Straße (damals Adolf-Hitler-Damm) die Reihe der sg. "Führerhäuser" fort.

Denkt man sich die Pförtnerlogen an den Eingangsgebäuden weg, sehen diese Häuser aus wie kleine unscheinbare Mehrfamilienhäuser. Der Passant konnte von außen das Gelände nicht unmittelbar identifizieren, weil es von außen eher wie eine Wohnanlage aussieht, zumal solche pfortenähnliche Eingangsbereiche eine typische Bauweise des "Heimatschutzstils" war.

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Die Eingänge in das ehemalige SS-Kasernengelände mit den Pförtnerlogen ähnelnden Eingängen.

Einer der führenden Vertreter des Heimatschutzstils war der Maler und Architekt Paul Schultze-Naumburg, ein enger Freund Goebbels. Schultze-Naumburg war 1932 für die NSDAP ein Mitglied des Reichstages. Ein bekanntes Bauwerk Schultze-Naumburgs ist der Cecilienhof in Potsdam.

Dieser Baustil begann Ende des 19. Jahrhunderts und war eine gegen die Moderne gerichtete Bewegung. Gottfried Feder schrieb in seinem Buch "Die neue Stadt": "Diese neuen Städte einer neuen Volksgemeinschaft werden der sichtbarste und dauerndste Ausdruck eines neuen Gemeinschaftwillens sein."(72)

Die Umsetzung eines Gemeinschaftsgedankens in Architektur war Ergebnis der Auffassung, daß die historisch gewachsenen Stadt- und Dorfstrukturen bedroht seien durch die "reißend schnelle und maßlose Entwicklung der Großindustrie".(73)

Großstädte standen für Anonymität, was dem Gemeinschaftsgedanken des Nationalsozialismus diametral entgegenstand. Die architektonische Lösung waren in sich geschlossene, separate Siedlungen ohne Durchgangsverkehr, in denen kleinere Wohneinheiten geschaffen worden sind. Von der Hauptstraße aus betrachtet, sieht das Truppengelände eben wie eine solche Wohnanlage aus. Dies schließt den pförtnerähnlichen Eingangsbereich ein.(74) Von außen sah die Anlage wie eine unter vielen aus, insbesondere, wenn man berücksichtigt, daß sich am Ende der Achse wieder ein Gebäude befindet, das sich architektonisch deutlich von den anderen abhebt: die sg. "Volks- und Gemeinschaftshalle".

Um dies zu verdeutlichen, hier drei Beispiele (die Ähnlichkeit mit dem obigen Eingangsbereich ist deutlich):

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Der Eingangsbereich in die Gartenstadt Münster, erbaut 1924. Der Heimatschutzstil kam als antimoderne Bewegung Ende des 19. Jahrhunderts auf, im Nationalsozialismus wurde diese Bauform aufgrund des "Gemeinschaftsgedankens" verstärkt aufgegriffen.

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"Einheitlich aufgestellter Plan einer Mittelstadt nach heutigen Gesichtspunkten" ist dieser Bebauungsplan betitelt in der Bauordnungslehre von Ernst Neufert 1943. Die Siedlung sollte Wohnraum bieten für 4000 Menschen, am Beginn der Achse wieder Eingangsbereiche mit "Pförtnerlogen", am Ende der Achse befindet sich wieder eine Gemeinschaftshalle (blau markiert).

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Schließlich ein letztes Beispiel: Wolfsburg, damals "Stadt des KdF-Wagens", 1936 erbaut.

Im Danziger Vorposten, der amtlichen Zeitung der NSDAP, wurde der Standort Oranienburg der SS-Totenkopverbände folgendermaßen eingeleitet:

"Wer vielleicht, beeinflußt von irgendwelchen Greuelmärchen irgendeiner Auslandszeitung, einen waffenstarrenden Festungsbau erwartet hat, dürfte allerdings enttäuscht sein, wenn er in Oranienburg bei Berlin vor dem Gebäudekomplex steht, der im Volksmund allgemein als "Konzentrationslager" bezeichnet wird. Umgeben von freundlichen kleinen Siedlungshäusern findet er hier helle, architektonisch in ihrer Art vorbildliche Gebäude. Das eine von ihnen, das der Stadt zunächst gelegene, ist der Sitz des Kommandos der SS-Totenkopfverbände."(75)

Falsch ist es daher anzunehmen, daß man das Gelände in irgend einer Weise tarnen wollte, wie immer mal wieder behauptet wird. Nicht nur in der Umgebung kannte man das KZ, sondern auch durch die Presse. Die bauliche Anordnung entsprach dem damaligen Zeitgeist. Betreten konnten Zivilisten das Gelände schließlich auch, es gab durchaus "Tage der offenen Tür". Der Öffentlichkeit wurde zum Beispiel der Betrieb der Lehrküche vorgestellt. Hier wurden Köche für den Fronteinsatz ausgebildet, Kinder konnten mit entschärften Handgranaten den Weitwurf üben.

 

(72) Feder, Gottfried: Die neue Stadt. Versuch der Begründung einer neuen Stadtplanungskunst aus der sozialen Struktur der Bevölkerung, Berlin 1939; zitiert nach: Beier, Rosmarie: Aufbau West, Aufbau Ost. Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Nachkriegszeit, in: dies. (Hrsg.): Aufbau West, Aufbau Ost. Die Planstädte Wolfsburg und Eisenhüttenstadt in der Nachkriegszeit, o. O., o. J. (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin), S. 11-49, hier S. 37.

(73) Rudorff, Ernst: Heimatschutz, Berlin, o. J., zitiert nach Ringbeck, Birgitta: a. a. O., S. 216.

(74) Vgl. beispielsweise die Siedlung die in Wolfsburg während des Dritten Reiches dort gebaut wurde. Abbildung in Schneider, Christian: Wolfsburg unter anderen. Städtebaupolitik im Dritten Reich, in: Beier, Rosmarie (Hrsg.): a. a. O., S. 65-73, hier S. 69 und die Abbildung einer Wohnanlage in Münster in Ringbeck, Birgitta: a. a. O., S. 273.

(75) Artikel vom 29. Januar 1939 im Danziger Vorposten, AS 21/24, Blatt 2.