Antisemitische Stereotype waren nie statisch, sie haben sich immer den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Häufig lassen sich aber auch moderne Stereotype auf alte antisemitische Vorurteile reduzieren bzw. eben diese alten Vorurteilsmuster schimmern immer wieder durch. Gerade durch den Nationalsozialismus sind die alten "klassischen" antisemitischen Metaphern verpönt, können aber in modernisierter Form verpackt wieder aufleben. Gerade die Existenz des Staates Israels gibt Anlass genug, Judenhass freien Lauf zu lassen. Allerdings muss und darf es möglich sein, die Politik eines Staates, selbstverständlich auch die dies Staates Israel, zu kritisieren. Wann aber schlägt Kritik in Antisemitismus um bzw. wann liegt der geäußerten Kritik antisemitische Einstellungsmuster zugrunde?
Unter sekundärem Antisemitismus wird ein Antisemitismus "nach Auschwitz wegen Auschwitz" verstanden. Er nimmt zunächst explizit Bezug auf den Nationalsozialismus. Von sekundärem Antisemitismusformen kann man sprechen, wenn man zum Beispiel Entschädigungsforderungen verbindet mit dem "raffgierigen Juden", wenn man jüdischen Menschen vorwirft, die Shoah für eigene Zwecke zu instrumentalisieren und auszunutzen. Der berühmte sg. "Schlusstrich" ist ein weiteres Beispiel, häufig geht es hierbei auch um (un)bewusste Schuldabwehr. Häufig kommt es dann zur Holocaustleugnung oder -relativierung. Hierzu gehören auch das Aufrechnen von Opferzahlen oder die Erwähnung eigenen Leids ("auch die Aliierten haben gemordet durch Bombardements", "auch in Deutschland haben wir gelitten").
Es kann schon zu Mischformen kommen, wenn man Israel als Staat vorwirft, sich als Staat wegen der Shoah einen angeblichen Freibrief zu besitzen ("dieser Staat kann sich alles erlauben").