Die Ausführungen hier sind kein originärer Bestandteil meiner damaligen Diplom-Arbeit. Sie sollen aber die noch immer bestehende Relevanz für die Gegenwart zumindest kursorisch andeuten.
Wenn man gegenwärtige empirische Befunde aus dem Jahr 2014 zum Themenkomplex "Fremdenfeindlichkeit" detailliert zur Kenntnis nimmt, fallen bemerkenswerte Parallelen auf zu Befunden aus den 90er Jahren. Sogar die Aspekte "soziale Deprivation" und "Ökonomische Bewertung" spielen heute noch eine sehr ähnliche Rolle, was auf die Sozialisation in der DDR zurückzuführen ist. Denn diese Aspekte werden relevanter, je älter der Befragte ist. Somit ist eine Beschäftigung mit DDR-spezifischen Ursachen dieser Einstellungsmuster weiterhin sinnvoll, um adäquat mit der Problematik umzugehen.
Als zentrales Element zur Genese rechtsradikaler Einstellungen bestimmte ich in meiner Arbeit die sg. "Nische". Die Relevanz eben dieser, ihre Wirkmächtigkeit bis heute, wird auch in neueren Forschungen bestätigt (vgl. Plänkers, Tobias u. a.: Seele und totalitärer Staat. Zur psychischen Erbschaft der DDR, Giessen 2005, Simon, Annette: "Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin" Versuche über ostdeutsche Identitäten, Giessen 2009).
Der geneigte Leser fragt sich vielleicht, wie relevant eine Arbeit über DDR-spezifische Ursachen fremdenfeindlicher Einstellungen heute sein kann, die in den 90er Jahren entstanden ist. Sind die Ursachen dieser Einstellungsmuster heute, mehr als 25 Jahre nach der Vereinigung, überhaupt noch relevant? Ich möchte Sie ausdrücklich bitten, die aktuellen Befunde zur Kenntnis zu nehmen und diese im Hinblick auf meine damalige Diplom-Arbeit im Hinterkopf zu behalten. Die Arbeit selbst habe ich selbst nicht aktualisiert. Die heutigen Befunde sind aber so bemerkenswert, so dass ich die Frage nach der Relevanz meiner damaligen Ausführungen für die heutige Zeit mit einem ganz klaren "Ja" beantworten kann.
Befunde aus dem Jahr 2005 allerdings weisen noch keine deutlichen Unterschiede auf:
In der Zusammenschau fällt auf, dass die Werte zwischen Ost- und Westdeutschland nicht so deutlich zu unterscheiden sind.
Quelle: Decker, Oliver/Brähler, Elmar: Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2004. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 42/2005, S. 8–17, hier S. 14.
Aber:
Schaut man in den Zeitverlauf, so zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West noch bis Ende der 90er Jahre, die sich zunächst angeglichen haben. Es scheint, dass aktuelle, als Krise empfundene Phänomene, diese Einstellungsmuster wieder verstärken:
Die "einzelnen Menschen (interessieren sich) gewöhnlich überhaupt nicht für ihre Großgruppenidentität, solange diese nicht bedroht ist".
Volkan, Vamik: Blutsgrenzen. Die historischen Wurzeln und die psychologischen Mechanismen ethnischer Konflikte und ihre Bedeutung bei Friedensverhandlungen, Bern/München/Wien 1999, S. 42, zitiert nach Lohl, Jan: Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Nationalsozialismus, Giessen, 2010, S. 47.
Gegenwärtige empirische Befunde zeigen Unterschiede zwischen Ost und West wieder deutlicher und verweisen weiterhin auf DDR-spezifische Ursachen, da der Anteil älterer Menschen mit solchen Einstellungsmustern angestiegen ist. So sind bei den über 60jährigen rechtspopulistische Einstellungsmuster bei 52% zu finden, bei Jüngeren sind es unter 40% (vgl. Küpper, Beate/Zick, Andreas/Krause, Daniela: PEGIDA in den Köpfen - Wie rechtspopulistisch ist Deutschland?, in: Zick, Andreas/ Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015, S. 21-43, hier S. 41).
Mit Blick auf die vielfach berichteten Ost-West-Differenzen bestätigt sich: Befragte, die in Ostdeutschland aufgewachsen sind, neigen gegenüber "Fremden" zu größerer Feindseligkeit [...] Sie sind signifikant fremdenfeindlicher eingestellt".
dies.: Gespaltene Mitte - Feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2016, Bonn 2016, S. 53, Hervorhebung von mir.
Auch werden die Pegida-Demonstrationen von älteren Jahrgängen dominiert:
So sind nur 35% der Befragten unter 40 Jahre alt, das Gros bilden die 40-59jährigen mit 37%, hinzu kommen noch 26% der 60jährigen und älteren Teilnehmer (vg. Vorländer, Hans: Wer geht warum zu Pegida-Demonstrationen, Präsentation einer Befragung der TU Dresden, o. O., 2015). Dies deckt sich durchaus mit Befragungen und Untersuchungen anderer Studien.
Das Durchschnittsalter der Befragten lag im Mai [2015, T. B.] bei 49 Jahren, im April [2015, T. B.] bei 51 Jahren (Januar [2015, T. B.]: gut 46 Jahre). [...] Im Alter zwischen 15 und 40 waren im Mai 32% der Befragten [...], zwischen 41 und 60 Jahren 43%, älter als 61 Jahre 25%.
Patzelt, Werner/Eichardt, Christian: Drei Monate nach dem Knall: Was wurde aus Pegida? Vergleichende Analyse der Pegida-Demonstrationen vom 25. Januar, 27. April und 4. Mai 2015, Dresden 2015
Die Ursachen dieser Einstellungsmuster sind nach wie vor in der DDR zu finden. Denn diejenigen, die in den 90er Jahren solche Einstellungsmuster zeigten, müssen diese nicht zwangsläufig abgelegt haben. Die Menschen sind allenfalls älter geworden, inwieweit sich ihre Einstellungen gewandelt haben angesichts einer neuen quantitativ hohen Einwanderung, bleibt fraglich. Denn der Anstieg rechter Gewalt fällt in beiden Zeiträumen mit einem Anstieg der Zuwanderung zusammen. Auch empirisch anhand von Einstellungsmustern kann dies belegt werden am Beispiel "Rechtspopulismus":
Fast die Hälfte der Deutschen hat in der Tendenz eine rechtspopulistische Mentalität, mit einzelnen Versatzstücken liebäugeln auch noch deutlich mehr. Ganz eindeutig als rechtspopulistisch kennzeichnen lässt sich rund ein Fünftel der Bevölkerung, mehr noch im Osten als im Westen der Republik. [...] Die vermeintliche Abgrenzung zur Gewalt ist Augenwischerei. [...] Das Bild der "besorgten Bürger" stimmt angesichts der hohen empirischen Zusammenhänge mit kollektiver Wut nicht.
Küpper, Beate/Zick, Andreas/Krause, Daniela: PEGIDA in den Köpfen - Wie rechtspopulistisch ist Deutschland?, in: Zick, Andreas/ Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015, S. 21-43, hier S. 43, Hervorhebung von mir.
Im Westen liegt dies eindeutige Potential bei 18%, im Osten signifikant höher bei 28%, (vgl. ebd., S. 40).
Wie schauen nun die Befunde aus im Ost-West-Vergleich? An dieser Stelle möchte ich nicht die empirischen Befunde in aller Tiefe darstellen, sondern nur kursorisch umreißen.
Zunächst möchte ich drauf hinweisen, dass es sich bei den dargestellten Zahlen und Befunde um Aussagen aus dem Themenbereich "Rechtspopulistisch" handelt, also nicht um extreme Einstellungen.
Wesentliche Erklärungsansätze für die Ablehnung von Fremden liefern u. a. folgende Dimensionen:
Hierbei handelt es sich um einen Teil der Einstellungsmuster, die ich auch in meiner Arbeit differenziert betrachtet habe.
Zustimmung zum Autoritarismus, Angaben in Prozent
Ich stimme... | überhaupt nicht zu | eher nicht zu | eher zu | voll und ganz zu | |
Verbrechen sollten härter bestraft werden | West | 9 | 19 | 25 | 47 |
Ost | 4 | 13 | 25 | 58 | |
Um Recht und Ordnung zu bewahren, sollte man härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen | West | 17 | 24 | 29 | 30 |
Ost | 9 | 19 | 28 | 44 |
Quelle: dies.: Der Osten erhebt seine feindselige Stimme?, in: ebd., S. 61-77, hier S. 67
Bereits hier fällt die sehr deutliche volle und ganze Zustimmung unter Ostdeutschen zu im Vergleich zu Westdeutschen. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf ein stärker verbreitetes rigides Denken in Freund-Feind-Kategorien, was ich in meiner Arbeit sehr detailliert betrachtet habe.
Die Autoren kommen zu folgendem Ergebnis:
Auch im Erhebungsjahr 2014 tendieren ostdeutsche Befragte noch signifikant eher zum Autoritarismus als westdeutsche."
Quelle: Ebd., S. 67.
Die Autoren schlussfolgern weiter:
Bemerkenswert ist, wie deutlich West- und Ostdeutsche Befragte bei der klaren Ablehnung beziehungsweise völligen Zustimmung zu den Aussagen auseinander gehen. Hierin spiegelt sich auch eine deutlich punitiv-autoritäre (zur Bestrafung neigende) Tendenz der ostdeutschen Befragten [...]. Das Ausmaß an Autoritarismus nimmt vor allem bei Ostdeutschen mit dem Lebensalter zu, und ältere Ostdeutsche fallen durch ihren besonders ausgeprägten Hang zu Law-and-Order auf. Im jüngeren Alter reduziert sich der Unterschied jedoch, und jüngere "Ostdeutsche", die selbst um die Wendezeit geboren und nicht mehr "DDR-sozialisiert" wurden, neigen in einem ähnlichen Ausmaß zum Autoritarismus wie ihre westdeutschen Altersgenossen. Hierin zeichnen sich also tatsächlich eine unterschiedliche Sozialisation der älteren und "mittelalten" Generation und ein Zusammenwachsen der jüngeren Generation ab.
Ebd., S. 67f, Hervorhebungen von mir.
Bemerkenswert ist tatsächlich, dass sich hier so deutliche Unterschiede zwischen Ost und West noch auftun. Auf diese Ursachen gehe ich ausführlich in meiner Arbeit ein.
Die Autoren der Studie gelangen zu folgendem Ergebnis:
Ostdeutsche Befragte sind insgesamt misstrauischer gegenüber Politikern sowie Parteien und drücken ihren Unmut gegenüber demokratischen Aushandlungsprozessen stärker aus. [...] Ostdeutsche wählen häufiger die höchste Zustimmungsmöglichkeit "trifft voll und ganz zu" und drücken damit ihre eindeutig negative Meinung zu Politik, Parteien und Demokratie aus, mehr noch als westdeutsche Befragte dies tun, die insgesamt etwas gemäßigter in ihrer Kritik sind. Demokratiemisstrauen ist im Osten also nicht nur höher, sondern auch stärker ausgeprägt als im Westen.
Ebd., S. 69f, Hervorhebung von mir.
Auch zeigt sich in der qualitativ stärkeren Ausprägung ein rigideres Denken in klaren Kategorien von Freund/Feind. Dies hat seine Ursache in der Sozialisation. Und natürlich ist der Mangel an demokratischer Kultur in der Sozialisation in der DDR zu suchen, gerade weil im Osten eher Ältere rechtspopulistischen Thesen zustimmen.
Bemerkenswert die dritte Dimension,
Auf zwei wesentliche Dinge möchte ich ich hier vorab hinweisen. Erstens muss unterschieden werden zwischen einer realen Deprivation und einer befürchteten und einer individuellen gegenüber einem anderen einerseits sowie andererseits zwischen "meiner" Gruppe im Vergleich zu einer anderen Gruppe. Zu unterscheiden ist also die relative Deprivation (negativer Vergleich zwischen zwei Personen) von der fraternalen (negativer Vergleich zwischen Gruppen). Zur Erklärung rechtspopulistischer und fremdenfeindlicher Einstellungen können beide eine Rolle spielen, sollten aber getrennt betrachtet werden.
Die getrennte Betrachtung liefert folgendes Ergebnis:
Das Ausmaß Fraternaler Deprivation hängt sowohl bei Ost- als auch bei Westdeutschen leicht mit Rechtspopulismus zusammen. [...]. Allerdings hängt nur bei Westdeutschen auch das Ausmaß an individueller Deprivation mit rechtspopulistischen Einstellungen zusammen, nicht aber bei Ostdeutschen.
Quelle: Ebd., S. 72, Hervorhebung von mir.
Die Autoren fassen das Ergebnis zusammen:
Unzufriedenheit korrespondiert bei Ostdeutschen nicht einfach mit der Neigung zum Rechtspopulismus, sondern nur dann, wenn es um das Gefühl der Schlechterstellung im Vergleich zu "Ausländern" geht, also um eine soziale Gruppe, die es vor Ort im Osten kaum gibt.
Ebd., S. 73
Dieser Befund galt bereits 1992 für Jugendliche, weswegen ich damals mich mit den DDR-spezifischen Ursachen dieser Einstellungsmuster beschäftigte:
"Betrachtet man die Ergebnisse [...] im Zusammenhang, so zeigt sich, daß Jugendliche der alten BRD stärker dazu neigen die allgemeine Wirtschaftsentwicklung durch Krisenphänomene zu charakterisieren."
Quelle: Melzer, Wolfgang/Schröder, Helmut: Ökonomische Risiken und Verunsicherung in Ost- und Westdeutschland. Vergleichende Befunde aus dem Jahr nach der Wende, in: Mansel, Jürgen (Hrsg.): Reaktionen Jugendlicher auf gesellschaftliche Bedrohung, Weinheim/München 1992, S. 168
In meiner Diplom-Arbeit fasste ich diese Thematik folgerdermaßen zusammen:
Selbst "historisch-nationalisierende Einstellungen", das sind nach Melzer den NS relativierende Einstellungen, korrelieren bei westdeutschen Jugendlichen stärker, wenn sie die wirtschaftliche Lage als Krise charakterisieren oder sie zumindest als bedroht sehen. Die hier zitierte Untersuchung wurde unmittelbar nach der Vereinigung durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt war die Gewaltrate bereits deutlich höher in den neuen Ländern, die reale Wirtschaftslage dagegen war zu diesem Zeitpunkt bedeutend besser wie gegenwärtig ebenso wie die subjektive Einschätzung der Befragten zur wirtschaftlichen und sozialen Situation in den neuen Ländern.
Halten wir fest: Die empirischen Befunde weisen erstaunliche Parallelen auf, selbst 26 Jahre nach der Vereinigung. Wesentlich auch, dass die Fremdenfeindlichkeit ohne Fremde vor Ort deutlich ausgeprägt ist im Osten Deutschlands. Auf dies Vakuum wies ich bereits in meiner Diplom-Arbeit hin im Kapitel 5. 2. 1. 1 "Soziale Distanz und Vorurteile". Denn in ein durch soziale Distanz geschaffenes Vakuum (hier Umgang mit Fremden in der DDR) können Vorurteile eindringen.
Die Autoren der aktuellen Studie resümieren:
Das weitgehende Fehlen "echter Ausländer" im Osten verhindert zudem die Prüfung von Vorurteilen an der Realität".
Quelle: Zick, Andreas/Krause, Daniela/Küpper, Beate: a. a. O., S. 75.
Hier betrete ich ein wenig Neuland, umso erstaunlicher ist aber auch hier das Ergebnis. Allgemein formuliert ist unter solchen Motiven Ablehnung von Menschengruppen gemeint, die wirtschaftlich als unnütz betrachtet werden. Die Forschergruppe um Hövermann hat dies weiter ausdifferenziert.
Zunächst gehen sie davon aus, dass in einer ökonomisierten Welt Vorurteile genutzt werden, um diese mit "Marktlogik" zu begründen:
Sie [die Ökonomisierung der Gesellschaft, T. B.] nutzt vorhandene Stereotype, Vorurteile und Ungleichwertigkeitsideologien, die einer Marktlogik folgen und soziale Gruppen nach einer kalten Kosten-Nutzen-Berechnung diskriminieren.
Hövermann, Andreas/Groß, Eva/Zick, Andreas: "Sozialschmarotzer" - der marktförmige Extremismus der Rechtspopulisten, in: Zick, Andreas/Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015, S. 95-108, hier S. 96.
Es würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen, wenn ich hier auf methodische Details und Differenzierungen eingehe. Für das Verständnis halte ich fest, dass diese Aspekte mit verschiedenen 5stufigen Items erfasst wurde, u. a. mit folgenden Aussagen:
Diese eben hier genannten Items erfassen die sg. "Ökonomistische Werthaltung". Es wurden noch zwei weitere Dimensionen erfasst: "Unternehmerischer Universalismus", das meint eigene Charaktereigenschaften, die für ein erfolgreiches Marktbestehen notwendig sind (Flexibilität, Kreativität Risikofreude u. a.) und "Wettbewerbsideologie". Letzteres bedeutet die Auffassung, dass der Staat wenig eingreift in die Wirtschaft, getreu dem Motto "Der Markt wird es richten", nur der Wettbewerb zu Erfolg führen kann.
Bezüglich der Bewertung von Menschengruppen ist natürlich die "Ökonomistische Werthaltung" ausschlaggebend. Wenn man die gewonnenen Daten analysiert, fällt auf, dass hohe Zustimmungswerte bei den über 65jährigen zu finden sind sowie bei Ostdeutschen.
Befragte, die im Osten aufgewachsen sind, teilen deutlich stärker extremere Formen marktförmigen Denkens als Befragte aus dem Westen. Dies ist unser Erachtens auf eine schwächere Integrationskraft von demokratischen Institutionen in Ostdeutschland zurückzuführen, sodass Instanzen fehlen, die nicht marktförmige Wertmuster vermitteln.
Ebd., S. 107, Hervorhebung von mir.
Sicherlich spielt das Demokratiedefizit eine Rolle. Aber es erklärt nicht alles. Zu Bedenken ist, dass diese Menschen eben in der DDR aufgewachsen sind, somit im laufe ihrer Sozialisation ohnehin keine demokratischen Institutionen zur Verfügung standen. Sie sind in einem Staat aufgewachsen, in dem Vertragsarbeiter die einzigen Fremden waren. Jene wurden nach streng wirtschaftlichen Kriterien behandelt, Kranke, schwangere Vietnamesinnen wurden schnell zurück geschickt. Auch dies Kapitel behandelt meine Diplom-Arbeit.
Betrachtet man gegenwärtige empirische Befunde, spielt die Sozialisation in der DDR noch immer eine wichtige Rolle, um Fremdenfeindlichkeit in den neuen Bundesländern zu erklären.
1. für obigen Text verwendete Literatur:
Decker, Oliver/Brähler, Elmar: Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2004. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 42/2005, S. 8–17
Hövermann, Andreas/Groß, Eva/Zick, Andreas: "Sozialschmarotzer" - der marktförmige Extremismus der Rechtspopulisten, in: Zick, Andreas/Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015, S. 95-108
Küpper, Beate/Zick, Andreas/Krause, Daniela: PEGIDA in den Köpfen - Wie rechtspopulistisch ist Deutschland?, in: Zick, Andreas/ Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015, S. 21-43
dies.: Der Osten erhebt seine feindselige Stimme?, in: ebd., S. 61-77
Lohl, Jan: Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Nationalsozialismus, Giessen, 2010
Melzer, Wolfgang: Jugend und Politik in Deutschland. Gesellschaftliche Einstellungen, Zukunftsorientierungen und Rechtsextremismus-Potential Jugendlicher in Ost- und Westdeutschland, Opladen 1992
Zick, Andreas/Küpper, Beate (Hrsg.): Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn 2015
2. weiterführende Literatur:
Decker, Oliver/Brähler, Elmar/Kiess, Johannis: Die Mitte im Umbruch: Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012, Bonn 2012
Decker, Oliver/Brähler, Elmar/Kiess, Johannis (Hrsg.): Die enthemmte Mitte: Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland / Die Leipziger Mitte-Studie 2016 (Forschung psychosozial), Giessen 2016
Kleffner, Heike/meisner, Matthias (Hrsg.): Unter Sachsen. zwischen Wut und Willkommen, Berlin 2017
Plänkers, Tobias u. a.: Seele und totalitärer Staat. Zur psychischen Erbschaft der DDR, Giessen 2005
Simon, Annette: "Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin" Versuche über ostdeutsche Identitäten, Giessen 2009
Zick, Andreas/Klein, Anna: Fragile Mitte – Feindselige Zustände: Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2014, Bonn 2014
Zick, Andreas: Gespaltene Mitte – Feindselige Zustände: Rechtextreme Einstellungen in Deutschland 2016, Bonn 2016