die Martin-Luther-Gedächtniskirche in Mariendorf
 
Es fällt etwas schwer, die Martin-Luther-Gedächtniskirche als Sehenswürdigkeit zu bezeichnen. Allerdings ist sie, wenn auch in negativer Hinsicht, etwas Besonderes: Sie ist ein steinernes Zeugnis der NS-Ideologie, sie wurde 1933-1935 gebaut nach zwar alten Plänen, aber im Innenraum finden sich einige Relikte der NS-Zeit.
Schon 1885 wollte man für die gewachsene Kirchengemeinde einen Neubau schaffen, der Beschluß hierzu folgte 1918. Das Gemeindehaus entstand 1927.
Die Vorhalle ist den Gefallenen des 1. Weltkriegs gewidmet. Zu sehen sind Halbreliefs des ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und Martin Luthers. AN seiner Stelle befand sich früher ein Relief Adolf Hitlers. Als Umlauf gestaltet ist der Liedanfang "Eine feste Burg ist unser Gott".
Das Kirchenschiff fällt zum Altar etwas ab, hierdurch ergibt sich eine theatralische Wirkung, betont durch den Triumphbogen. Er ist verkleidet mit rund 800 quadratischen Terrakottenreliefs in 36 verschiedenen Ausführungen. Hier werden NS-Symbole mit christlichen verknüpft. Hakenkreuze wurden inzwischen entfernt. Neben den Hakenkreuzen befanden sich damals das Christusmonogramm, die Evangelistensymbole und die Dornenkrone. Ebenso waren ein Strahlenkranz als NS-Hoheitszeichen und das Symbol der NS-Volkswohlfahrt angebracht. Noch heute sichtbar sind Darstellungen eines Frontsoldaten und eines SA-Mannes. Das Symbol mit dem Hammer in einer Faust erinnert an Propagandaplakate der Deutschen Arbeitsfront (DAF).
An der Kanzel finden sich ebenfalls Darstellungen von SA-Männern und Soldaten sowie Pfarrer und ein Hitlerjunge. Die Taufe sollte die "deutsche" Familie abbilden.
Die Orgel stammt aus dem Jahr 1935, die Pfeifen sind mit folkloristischen Motiven verziert. Die Orgel wurde vor dem Einbau für den Nürnberger Reichsparteitag eingesetzt.
1989 begann die kritische Aufarbeitung, man kaufte Kunstwerke aus Auschwitz an. Seit 1992 ist die Gemeinde Mitglied der Nagelkreuzgemeinschaft, seit 2022 befindet sich in einem Nebenraum eine Ausstellung über den Dichter Jochen Klepper. Er wurde hier getauft. Er war mit einer Jüdin verheiratet. Deswegen wurde er 1941 unehrenhaft aus der Wehrmacht entlassen. Die Ausreise der jüngsten Tochter scheiterte 1941, außerdem erfuhr Klepper Ende 1941, dass sg. "Mischehen" zwangsweise geschieden werden sollten. Dadurch drohte auch seiner Frau die Deportation. Die Familie nahm sich in der Nacht vom 10. zum 11. Dezember 1941 das gemeinsam das Leben. Seine Manuskripte übergab er zuvor seiner Nachbarin.

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